Das Riemann-Thomann-Modell
Der Kompass für stabile Projektteams
Ruth Keßler
7/17/20252 min read
Was uns in SAP-Projekten zerreißt – und wie wir es vorher erkennen könnten
Das Riemann-Thomann-Modell als Kompass für stabile Projektteams
Projekte scheitern selten an der Technik. Viel häufiger scheitern sie an Gegensätzen, die niemand sehen – oder niemand benennen – will.
Einer will endlich loslegen. Die andere will alles absichern.
Einer braucht Entscheidungsfreiheit. Die andere braucht Nähe und Austausch.
Was wie persönliche Eigenheiten wirkt, ist oft Ausdruck tiefer psychologischer Grundbedürfnisse.
Das Riemann-Thomann-Modell hilft uns, sie sichtbar zu machen – bevor sie zum Problem werden.
Worum geht’s im Modell?
Fritz Riemann (Psychologe & Psychoanalytiker) beschrieb vier Grundausrichtungen menschlichen Erlebens:
Nähe ↔ Distanz
Dauer ↔ Wechsel
Christoph Thomann machte daraus ein alltagstaugliches Persönlichkeitsmodell:
Jeder Mensch bewegt sich irgendwo in diesem Spannungsfeld. Manche brauchen Verbindlichkeit und Tiefe (Nähe + Dauer), andere eher Unabhängigkeit und Impuls (Distanz + Wechsel).
Wichtig: Es gibt kein Richtig oder Falsch – aber es gibt Spannung.
Und was hat das mit SAP-Projekten zu tun?
Stell dir folgendes Projektteam vor:
Sandra, Payroll-Expertin, lebt für Verlässlichkeit. Sie liebt Pläne, arbeitet akribisch, denkt in Prozessen.
(Stark bei Dauer & Nähe)Markus, externer Projektleiter, kommt aus der Start-up-Welt. Reißt Themen an, lässt gerne Spielraum, denkt in Szenarien.
(Stark bei Wechsel & Distanz)Lea, Key Userin, will es allen recht machen. Bringt das Team emotional zusammen, braucht aber häufig Rückversicherung.
(Stark bei Nähe)Tobias, Entwickler, will einfach „in Ruhe arbeiten“. Klare Vorgaben, wenig Meetings, kein Smalltalk.
(Stark bei Distanz & Dauer)
👉 Was passiert hier?
Es knirscht. Ständig. Nicht fachlich – zwischenmenschlich.
Lea leidet unter Markus’ Tempo.
Markus findet Sandra zu detailverliebt.
Tobias entzieht sich.
Und irgendwann eskaliert es – oft beim kleinsten Trigger.
Was wäre, wenn wir das vorher wüssten?
Stell dir vor, du wüsstest diese Dynamiken vor dem Kick-off.
Und du würdest dein Projektteam so matchen, dass genau diese Spannungen nicht zum Bremsklotz werden.
Du würdest Aufgaben nicht nur nach Skills vergeben – sondern nach innerer Passung.
Du würdest bewusst Brückenrollen schaffen: Menschen, die Nähe UND Distanz vermitteln können.
Du würdest Projektverläufe besser planen, weil du weißt: Ein Wechsel-Typ braucht schnelle Erfolge. Ein Dauer-Typ will stabile Prozesse.
Was du als SAP-Berater:in konkret tun kannst
Beobachte in frühen Meetings: Wer braucht was? Wer wirkt gestresst von wem?
Frage dich: Was triggert mich selbst – und was triggert andere an mir?
Nutze das Modell, um Kommunikationsmuster zu reflektieren:
„Ist das hier ein Konflikt – oder nur ein anderer psychologischer Standort?“